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Zeit der Entscheidung | Entscheidungszeiten

Fastenzeit 2023

Die Fastenzeit in der Augustinerkirche
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In welchen Situationen haben Sie in Ihrem Leben die für Sie zentralen Entscheidungen getroffen? Mit kühlem Kopf, nach langen Prozessen der differenzierten Abwägung? Oder dann doch viel schneller als gedacht, eher spontan so aus dem Bauch heraus, von der Situation überwältigt, mitten in oder kurz nach einer Krise? Nicht selten – so kenne ich es aus meinem Leben – nimmt man sich das Erstere vor und landet dann doch beim Letzteren. Krise und Entscheidung gehen eben gerne Hand in Hand. Das ist beschwerlich, weil Krisen selten als angenehm empfunden werden. Zugleich stecken darin aber auch Chancen. Etwa, dass ich mich durch eine Entscheidung zur Krise und zu meiner Situation verhalten kann, sozusagen vom Passiv ins Aktiv übertrete. Oder dass ich mich krisenbedingt gewissermaßen im Beschleunigungsmodus zu lange überfälligen Entscheidungen durchringen kann und neue Perspektiven gewinne. 

Und so wie dies für das persönliche Leben gilt, gilt es wohl auch für das Große und Ganze, für die Organisation, der ich mich zugehörig fühle, für die Gesellschaft, für den Staat und für die Weltgemeinschaft. Zur Beschreibung der großen und ganzen Situation unseres Daseins ist in den letzten Jahren kein Wort so häufig gebraucht worden, wie das eingangs erwähnte: Krise. Wir leben in einer Krisenzeit, einer »Polykrise«, wie der Philosoph Markus Gabriel sagt. Das heißt dann aber auch, dass wir in einer Entscheidungszeit leben. Dieser Aspekt unserer Lebens- und Weltsituation steht in den kommenden Wochen der Fastenzeit in unserer Augustinerkirche im Mittelpunkt. Es geht um die Zeit, in der wir leben, um die »Zeit der Entscheidung«

Der traditionelle Bußgottesdienst am Aschermittwoch steht unter dem Entscheidungsaufruf Jesu, den der Evangelist Markus Jesu Wirken voranstellt: »Die Zeit ist erfüllt. Entscheide dich!« (vgl. Mk 1,15). Die Mittwochsimpulse Entscheidungszeit I-IV nehmen Bezug auf fundamentale Entscheidungen, von denen in biblischen Texten die Rede ist. Von solchen, auf die es damals, in biblischer Zeit, wie heute ankommt. Von solchen, die Weichen stellten und direkte Auswirkungen auf unsere Situation, auf unser Leben und Glauben haben. Eine Entscheidung zum kreativen Umgang mit schon einmal Gebrauchtem liefert uns der Jazzmusiker Tobias Schirmer in seinem Konzert »All You can beat! – eine kleine Schrottmusik«. Ergänzt werden seine Darbietungen durch Statements von Katja Tschirwitz. Der renommierte Musikwissenschaftler Ulrich Konrad bietet uns in seinem Vortrag »Aus der Dunkelheit zum Licht« Einblicke in den Umgang großer Komponisten mit ihren Krisen und daraus resultierenden künstlerischen Entscheidungen, die für sie selbst und für die ganze Musikwelt von immenser Bedeutung sind. Wenn von Krisen die Rede ist, darf die Situation der Kirche nicht unerwähnt bleiben. Neben allen ohnehin schon seit langem eingeforderten Entscheidungen – Stichwort: Synodaler Weg – geht es in unserem theologischen Frühshoppen »Wenn das so weiter geht…« darum, welche Entscheidungen es darüber hinaus in Theologie und Kirche braucht, um relevant und bedeutsam für die Menschen zu bleiben oder wieder zu werden. Mit der Theologin Barbara Schmitz, die aus ihrem Fachbereich – dem Alten Testament – Krisen für Religionsgemeinschaften und deren Umgang damit nicht nur aus dem 21. Jahrhundert kennt, und dem Fundamentaltheologen Matthias Reményi, der danach fragt, wie Gott, sein Wesen und sein Dasein in der Welt überhaupt gedacht und vernunftgemäß verantwortet werden kann, sind zwei exzellente Gesprächspartner für die Diskussion im Anschluss an unseren Gottesdienst am Laetare-(freue dich!)-Sonntag gewonnen. Nicht weniger exzellent wird uns der Moraltheologe Michael Rosenberger in seinem Vortrag »Die letzte Generation?« die aus seiner Sicht drängenden Entscheidungen in der Klimakrise nahelegen. Auch hier wird es Gelegenheit zur Diskussion geben.

Vielleicht kann die ein oder andere Veranstaltung Ihnen bei Ihren Entscheidungen behilflich sein. Bei ganz fundamentalen oder ganz alltäglichen. Und sei es bei der, in der Fastenzeit gelegentlich in der Augustinerkirche vorbeizuschauen. Fühlen Sie sich jedenfalls herzlich eingeladen und haben sie keine Angst, wenn wir eintreten in die »Zeit der Entscheidung«.